Wenngleich die dunklen Jahre des Dritten Reiches seit jeher Gegenstand gerade auch wissenschaftlichen Interesses sind, so schien ein Themenfeld von der akademischen Forschung bislang fast gänzlich ausgenommen: Seriöse Auseinandersetzungen mit der deutschen Weinbaugeschichte von 1933 bis 1945 blieben die seltene Ausnahme und fanden lediglich in wenigen, meist kurzen Überblicksaufsätzen ihren Niederschlag. Umso überraschender sind die Forschungsergebnisse, die der Historiker Christof Krieger in jahrelanger Archivarbeit zutage förderte. Krieger, Leiter des Mittelmosel-Museums in der renommierten Weinstadt Traben-Trarbach, gibt in seiner Doktorarbeit anhand bislang zumeist unveröffentlichter Quellen am Beispiel des Anbaugebiets Mosel-Saar-Ruwer überraschende Einblicke in eine weithin unbekannte Seite der NS-Diktatur.
Unter der eingängigen Parole »Wein ist Volksgetränk!« entfaltete das NS-Regime in den Friedensjahren des Dritten Reiches eine groß angelegte Weinpropaganda, die das Trinken deutschen Rebensaftes als geradezu nationale Tat beschwor. Und mehr noch: In den Jahren 1935 bis 1937 übernahm ausnahmslos jede deutsche Stadt mit mehr als 5.000 Einwohnern besondere »Weinpatenschaften« für einzelne Winzerorte, wobei im Rahmen eines im ganzen Reich stattfindenden »Festes der deutschen Traube und des Weines« vom Parteiapparat der NSDAP allerorten volkstümliche Weinfeste und Umzüge organisiert wurden; der Volksmund machte hieraus sogleich die Losung: »Saufen für den Führer!«
Tatsächlich erwies sich dies rückblickend nicht allein als die umfassendste Weinabsatzaktion, die es je in Deutschland gegeben hat. Den deutschen Winzern wurde damit zudem seitens des Hitlerstaates eine propagandistische Aufmerksamkeit gewidmet, wie sie keiner anderen vergleichbaren Berufsgruppe im Dritten Reich zuteil geworden ist.
Christof Krieger: »Wein ist Volksgetränk!« • Rhein-Mosel-Verlag, Zell/Mosel
512 Seiten • Hardcover • ISBN 978-3-89801-355-0 • 32,90 Euro